Fünfundsiebzig Kilometer Reisedistanz wäre doch eigentlich ein Katzensprung. Nicht aber in Nepal wenn du ins Yangri-Tal reist.
Sieben Stunden Fahrzeit von Kathmandu, wobei «Schleichzeit» die passendere Bezeichnung wäre. Strassen, die mehr einem Wanderweg glichen, sprungschanzenähnliche Bodenwellen und Kreuzmanöver mit Bussen (inkl. Dach-Passagieren) gaben der Bezeichnung «halsbrecherische Fahrt» eine völlig neue Bedeutung. Dass unter solchen Umständen auch mal ein Jeep seine Arbeit verweigert, ist nachvollziehbar. Zeit und Geduld gehören in Nepal einfach dazu wie die Schärfe zur nepalesischen Küche. Als Sahnehäubchen obendrauf gabs – und die nicht-höhenverliebten Betty, Benj und Sämi freuten sich besonders darüber – noch einen Balance-Akt über die Hängebrücke. Endlich angekommen, eröffnete sich uns ein wunderschöner Anblick: fast schon kitschig liegt Yangri im Hochland in einem abgelegenen Tal zwischen hohen Bergen und direkt an einer Flussmündung, das Himalaya-Gebirgsmassiv im Hintergrund. Hier lässt es sich definitiv perfekt… arbeiten. Denn das Team hat den aufwändigen Weg nicht unter die Räder genommen, um vier Tage die Seele baumeln zu lassen, sondern um beim Bau eines neuen Sportplatzes mitzuhelfen.
Nachdem wir unser Schlaf- resp. Zeltlager (Schutz vor Moskito und anderen Tieren, von denen wir noch nichts wussten) auf dem Betonboden des zukünftigen Schulgebäudes aufgebaut und das Plumpsklo in Augenschein genommen hatten, kehrte rasch die natürliche Stille zurück. Obwohl der Gang zum Plumpsklo von einigen (vorerst) vermieden wurde, machte ihnen spätestens das «Dahl Baht» (Nationalgericht Nepals) einen Strich durch die Rechnung. Für die einen war die erste Nacht erholsam, andere hatten in ihren Seidenschlafsäcken und defekten Schlafmatten einen schweren Start. Erholung hatte das Team für die nächsten Tage bitter nötig, denn ein happiges Programm wartete: 07.00 Uhr Aufstehen (für solche ohne senile Bettflucht), 08.00 Uhr Arbeitsbeginn, eine knappe Stunde Mittagszeit und Arbeitsschluss um 17.00 – für einige war der Arbeitsalltag in Nepal körperlich definitiv anstrengender als in der Schweiz. Erste Erkenntnisse: In Nepal wird zuerst mit der Arbeit begonnen, erst dann wird situativ «organisiert». Und die Arbeitsweise der Nepali würde der Suva definitiv grosse Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Ziemlich bald kristallisierten sich drei Arbeitskategorien heraus. Kleine Steine im Flussbeet sammeln (vor allem von Frauen und Stööö praktiziert; solche die sich gut mit sich selbst beschäftigen können), Sägerei und Platz betonieren. Platz betonieren hiess: Haufen mit gebrochenem Kies, Rundkies, Sand und Zement machen, mehrere Mischvorgänge, Wasser hinzugeben, erneut Mischen und dann in die Schubkarren und auf Transportteller schaufeln. Man kann sich’s ausdenken: Die vier Tage haben leider trotz grossem Einsatz nicht ganz ausgereicht, um den ganzen Sportplatz zu betonieren (in der Schweiz hätte es wohl einen Tag gedauert…). Das hat auch damit zu tun, weil an zwei Tagen jeweils eine Gruppe ins Bergdorf Bolgau wanderte (ca. 700 Höhenmeter), um in einer Schule den Kindern den Unihockey-Sport näherzubringen.
Übrigens, der Sportplatz in Yangri soll in Zukunft über 100 Schülern die Möglichkeit bieten, verschiedene Sportarten zu betreiben. Symbolisch dafür wurde ein Unihockey-Stock und ein Unihockey-Ball im Zentrum des Platzes im Rahmen einer kleinen Zeremonie einbetoniert.
Mögen auf diesem Sportplatz Zukunft und Hoffnung entstehen, viele Kinderaugen erleuchten und vielleicht ist dieser Sportplatz der Beginn eines weiteren Unihockey-Märchens in Nepal.